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Auf dem Jakobsweg von Nürnberg in die Schweiz Tag 3

Nördlingen – Christgarten – Giengen – Oberelchingen - Ulm 

Sozusagen habe ich mir die Stichpunkte aus meinem Pilgertagebuch vorgenommen und sag’s mal so: Ich würde gerne, wenn ich ich wäre, sofort wieder losziehen. Aber manchmal darf ich nicht, wie ich so möchte und drum pilgere ich den Weg aus dem Sommer in geistiger Arbeit noch einmal, quasi virtuelles Wallfahren aus dem Homeoffice. Ja, ihr lieben Leser, jetzt werde ich euch meine Buchstaben und meine Schnappschüsse zumuten, und wozu? Weil mir gerade danach ist. Möglicherweise 😊 erfreut‘s nicht nur mich.

Morgens. Da will ich mal kurz resümieren, ich bin gerade der schönen Siebenschwabenstadt Nördlingen und habe gut genächtigt, die Zähne geputzt, bin bereit fürs Frühstück und öffne die falsche Tür. Mitten in der Patisserie, lande ich und überall wird mit Spritzbeuteln gesüßt, dekoriert und ganz furchtbar, Berliner werden bestäubt. Denkt jetzt was ihr wollt. Nach dem Frühstück ist mein Rucksack jedenfalls zwei Berliner schwerer. Mit unglaublich blauem Wetter geht es aus der Stadt hinaus. Anfangs radle ich die Polizeigasse, dann die lange Gasse entlang, um kurz vorm Galgenberg nach links zu biegen. Erst ist es noch flach, aber dann … es geht zum Adlersberg hinauf. Adlersberg? Da war doch was, ganz früher? Tolle Zeiten mit blödem Nachklang. Kann man Déjà-vu und Amnesie zeitgleich haben? Eine Hand voll Jahre war ich der Küchenchef im Stutenhaus am Adlersberg, nur der Adlersberg war seinerzeit ganz woanders. Rucksäcke werden bergauf immer schwerer, die letzten Stutenhausbesitzer waren Berliner Gauner und schulden mir nicht nur Geld. Bevor ich über die graue Vorzeit weiter richte, schaue ich lieber in die Landschaft und bin begeistert. Manche Zeiten sind einfach überholt. Auf einer aussichtsreichen Bank, auf der schon ein Martin saß, mache ich zweites Frühstück und nasche zwei Berliner. Lecker. Viel leichter geht es bergab in das wunderschöne Christgarten. Leider ist die Kirche verschlossen und nachher ist Bayern zu Ende. Gleich hinterher ist Baden-Württemberg und Schwäbische Alb mit ganz viel rauf und runter. Mir gefällt es. Schwäbische Bauern tun urige Trecker fahren, es gibt Feldscheunen, kleine Kirchen und Ziegen sind im Busch. In Giengen ist gerade Mittagszeit und ich bestimme Ulm zum heutigen Etappenziel. Bald, Booking sei Dank, dürfen sich die Ulmer Stuben über einen weiteren zahlenden Gast freuen. In Oberelchingen besuche ich die Gnadenmutter der sieben Schmerzen und radle durch das Martinstor hinunter zur schönen Blauen Donau, die gar nicht blau ist. Mächtig braun plätschert sie in Richtung Balkan davon. Der August ist heiß geworden und ich denke frei nach Gus Backus: In Ulm und um Ulm und um Ulm herum, kann ich ganz leckeres Eis dinieren. In Ulm und um Ulm und um Ulm herum, da sollte ich's einmal probieren. In Ulm und um Ulm und um Ulm herum gibt es viele Ulmen. Genau schlecke ich Stracciatella und Joghurtkirsche bei nochmaligem kurzem Kurzbesuch in Bayern, in Neu-Ulm. Dann bin ich in Ulm. Hätte ich nicht zu lange geduscht, hätte hätte Fahrradkette, hätte ich noch den höchsten Kirchturm der Welt besteigen können, oder war der wegen irgendeines Virus … so genau weiß ich das nicht mehr. Aber ich werde im Münster auf die Jakobsmuschel angesprochen und mit netter Plauderei zum Jakobus geleitet, der am hohen Pfeiler thront. Ulm ist eine schöne Stadt mit der berüchtigten Adlerbastei, allda vor ein paar Tagen, der sagenhafte Schneider von Ulm fliegen wollte und unsanft in der Donau baden ging. Genau hier, ich sag’s wies ist, habe ich noch Bier getrunken, bis es dunkel wurde. Vermutlich! Ein Hoch ausbringen auf den wirklich wundervollen Tag. 😉 Herzlichst Ulli. 

Ich glaube, die Welt ist eine Landschaft, eine sehr schöne Gegend, die ich kennenlernen möchte. 


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