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KLEINE NEBELWANDERUNG


 

OBERHOF – LÖFFELBÜHLFELSEN – HOHE TANNE – STIEGLITZWEG – ALTER FLÖSSGRABEN – AUSGEBRANNTER STEIN – HOHER STEIN – OBERER STIEGLITZSEE – SANDPLATZ - OBERHOF (CA. 10 KM)

 

Ihr kennt doch die Wahrheit vom Dicken Nebelbrei. Es war einmal vor nicht allzu langer Zeit, da nistete im tiefen Thüringer Wald ein komisches Irgendwer mit seinem Nebeltöpfchen. Zu dem Nebeltöpfchen sprach oft das Irgendwer: "Nebeltöpfchen koche!" Und so kochte das Nebeltöpfchen dicken fetten Nebelbrei! Wenn aber das seltsame Irgendwer sagte: "Nebeltöpfchen hör auf!" so hörte das Nebeltöpfchen wieder auf, fetten dicken Nebelbrei zu kochen. Gelegentlich aber, schlief das schelmische Irgendwer einfach ein, während das Nebeltöpfchen dicken fetten Nebel kochte. Wahrscheinlich, weil das drollige Irgendwer müde war, was bei undurchsichtigem Wetter immer passieren kann. Dann kochte das Nebeltöpfchen, kochte und kochte. Der Thüringer Wald durchzieht sich dann mit orographischem Nebel, verschönert mit Bodennebel, der mit Hochnebel advehiert wird. Und wer auch immer in den Wald wollte, der durfte da durch. So war es gestern. Ich habe mittlerweile gelernt, dass ich mit meinen pseudowissenschaftlichen Hypothesen, alles und jedes erklären kann, sogar märchenhaftes Wetter. Auf Facebook funktionieren meine pseudowissenschaftlichen Thesen echt gut! Aber ganz ehrlich, ich mag es. Im Nebel ist alles geheimnisvoller, irgendwie magischer. Mittags war in Oberhof noch etwas blauer Himmel und ich wanderte los. Vom Klettergarten ging es zur Tankstelle und weiter zum Löffelbühlfelsen. Das war der letzte Moment der Wanderung mit freier Sicht. Unten im Kehltal sagte gerade ein schalkhaftes Irgendwer zum Nebeltöpfchen. „Nebeltöpfchen koche!“ Dann ging der Nebel los. Wie im amerikanischen Spielfilm kam er an, umgarnte, flutete mich, hüllte mich ein von Kopf bis Fuß, ging durch mich hindurch, durchmischte mein Inneres. Hermann Hesse fällt mir ein: „Kein Baum sieht den Anderen.“ Sonst woher traf mich der alte Flößgrabenweg und navigierte mich durch geheimnisvolle Wälder zum Ausgebrannten Stein. Die vierzig Meter lange Durchbohrung hat auch ihre Geschichte. Vor über dreihundert Jahren schufteten hier sächsische Gastarbeiter, brachten mit ihrem brennenden Knowhow ein imposantes Loch in den Felsen. Die Vorstellung, dass Flößer zwanzig Meter langes Gehölz durch die Röhre flößten, überfordert mich aber. Das liegt bestimmt am Nebel. Beim letzten Besuch konnte ich den Schneekopf sehen. Nun wird der Spaziergang richtig anmaßend und führt mich zum Hohen Stein. Ohne Quatsch, ich brauche auf den überfrorenen Steinen, alle Viere, um hoch zu kommen. Belohnt wird die rutschige Mühe mit einem fantastischen Panorama auf graue Nebelschwaden. Der Stieglitzteich war wohl der Motor für die ganze Flößerei und ist zugefroren. Der anspruchsvolle Ausflug endet am Autoabstellplatz beim Klettergarten. Der Nebel hat mittlerweile auch Oberhof umhüllt und wer schon einmal Biathlon im Fernsehen schaute, der kennt das ja. Und wenn die Thüringer Waldmarie die Betten fleißig aufschüttelt, wird’s Winter.  Herzlichst Ulli.


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