Irgendwie beschleicht mich das Gefühl, dass der zweite Teil meiner zweitägigen Thüringer Zickzacktour ein Bericht aus den eigenen vier Wänden sein wird. Das zweite Bier geöffnet, inklusive. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich schon ein paar Tage wieder zu Hause bin.
Jedenfalls haben sich Kirschen und Bier richtig gut vertragen und bevor ich mit meiner narzisstischen Reise weiter mache, wird gefrühstückt und werden noch zwei Liter Kirschen vom Baum geholt. Der Tag ist schon fast rum, als ich kurz nach Neune optimistisch und grundsätzlich entspannt meinen Drahtesel besteige. Die ersten Kilometer rollen gelockert dahin und ich kann den kommenden Tag etwas durchdenken. Schließlich ist Sommer und ich verordne mir eine Exkursion zu den schönsten Thüringer Stränden. Das Unstruttal zwischen Nägelstedt und Großvargula ist ein verschlafenes Paradies. Der Wind streicht durch knorrige Eichen, Pappeln und uralte Obstbäume, die ihre Äste wie Frisuren präsentieren. Ich glaube ein hölzernes Stonehenge zu erkennen, die Wiesen sind noch einen Tick bunter und Kirschbäume gibt es auch.
Der Tag mag sich offensichtlich selbst ganz toll und ich schalte ab. Ich wundere mich, wie schnell das geht und wie leicht es mir fällt. Bei Herbsleben rolle ich durch Spargelfelder die schon ins Kraut schießen und in Gebesee werden fleißig Erdbeeren gepflückt. Hier besuche ich meinen alten Freund Hellmut, den ich auf einer Tramptour in den 80zigern auf dem Balkan kennen lernte und der am Lagerfeuer Gitarre spielte. Gitarre hat er schon lange nicht mehr gespielt.
Das Wasser im Alperstedter See hat approximativ Badewannentemperatur und spült die letzten schweißtreibenden Stunden ab. Erlösend! In Erfurt sehe ich zum ersten Mal dunkle Wolken und an der Bachstelze wird es richtig windig. O.o.! In Ichtershausen besuche ich meine Freundin Kathrin mit dem H in der Mitte. Die Kaffeepause wird richtig lustig und wir hätten uns fast in ein Schachspiel vertieft, weil es leicht regnet. Schon scheint die Sonne wieder und ich muss los, allein um beim Mario zu klingeln. Auch das wird schön. Kurz vor Arnstadt begucke ich die neue Jugendstrafanstalt, denke das ich wesenhaft zu alt dafür bin und schwenke in das urige Wipfratal ab.
Die Temperaturen verlangen nun ein Bad im Heydaer Stausee. Links von der Staumauer, da wo der Wald die Ufer säumt, finde ich das perfekte Plätzchen. In der Grießheimer Landfleischerei gibt es die leckersten Knacker weit und breit und mein Rucksack wird ein Kilo schwerer. Dabei geht es ab hier in bergigere Gefilde und das ist gut für meine Waden. Boa! In der Wallrose habe ich endgültig das Stadium zwischen Adrenalinrausch und total müden Beinen erreicht. Kurz vor der ICE-Brücke mache ich ein Foto von grasenden Galloways vor der Eisenbahnbrücke und denke ein rauschender ICE würde gut mit auf das Foto passen. Als ich genau unter der Brücke bin, rauscht einer wirklich drüber.
Der Ochsenbacher Teich funkelt in der tiefstehenden Sonne fast wie eine Discokugel. Nach dem Bad gibt es Knacker und Bier und beim zweitem Bad erblasst mein Gemüt. Einem grellen Blitz folgt ein gewaltiger Donner. Im Kopf gehe ich schon alle Schutzhütten durch. Am Tannengrund erreiche ich den Rennsteig und sehe einen wundervollen Regenbogen. Am Dreiherrenstein verraten mir abgeschlagene Äste und Geröll, das ich mal wieder riesiges Glück hatte.
Ich komme trocken und glücklich in Frauenwald an und verschenke noch ein paar Kirschen, bevor ich knock-out ins Bett falle.
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MaRio (Mittwoch, 13 Juni 2018 23:28)
Beeindruckende Reiseberichte an denen du uns teilhaben lässt!
Die Überraschung ist dir gelungen als du bei mir geklingelt hast ��!
Allzeit gute Fahrt und gutes Wetter !!!
Ulliunterwegs.de (Donnerstag, 14 Juni 2018 07:38)
Dankeschön, ich hab mich auch gefreut, dich mal wieder zu sehen. :-) Wünsche für deine Pläne alles Gute.
Kathrin (Freitag, 29 Juni 2018 10:06)
Da hat sich die Kathrin mit h aber gefreut, dass der Ulli überraschenderweise auf einen Kaffee eintraf!
Freue mich für deinen Unternehmungsgeist und über deine Reiseberichte bzw. -fotos. Weiter so! �