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Ulli auf dem Jakobsweg

Abraham, Urvater dreier Religionen, hat es laut der Bibel getan. 

Als Pilger zieht er los, weil Gott es von ihm verlangt. Der Weg ist das Ziel, ist wohl schon zu seinen Zeiten der Wahlspruch. Auch in seiner Pilgergeschichte geht es in erster Linie um die Erlebnisse auf dem Weg und weniger um das Ziel. Mit Sicherheit, hat mir kein Gott etwas befohlen. Ich bin auch nicht auf den Weg gekommen, der Weg kam einfach zu mir. Wann? Diese Frage kann ich so nicht beantworten. Still und leise hatte sich ein Wind erhoben, der immer mehr durch meine Gedanken strich. Vielleicht die Fortsetzung einer früheren Reise? Als ich das erste Mal von Santiago hörte, lebte ich geborgen hinter dem Schutzwall versteckt und sah vielleicht einen Bericht im Fernsehen. Wie ein evolutionär bestimmter Prozess setzte sich ein Wunsch in der Defizitkammer meiner linken Gehirnhälfte fest. Nicht bestimmend, nicht wegweisend, keineswegs primär. Erst mussten andere Dinge erledigt werden und Mauern müssen erst fallen. Beziehungen, Jobs, Abenteuer, Krankheiten, Erfahrungen werden erledigt. Etliche Dramen später finde ich noch immer jede Ausrede recht. Dachte wohl, so ein Weg rennt so schnell nicht weg, ist er ja schon Tausend Jahre da. Hemmungen? Pilgerschaft? Ich konfessionsloses Geschöpf auf Pilgerreise zum Apostel? Eher wird es eine Reise in mein Ich, um die bestmöglichen Version zu finden. Selbstfindung? Eher Wegfindung, und das ist so ein schönes Wort und das im doppeltem Sinn. Dabei möchte ich total egoistisch sein. In Gedanken komme ich dem Weg immer näher, in der Realität nicht. Mental stärkte ich mich schon. So las ich Bücher, nur für mich geschrieben. Der Pilger im Mittelalter entging dem Fegefeuer, Paulo Coelho ersann blutrünstige Hunde, Hape Kerkeling läuft sich wunde Füße um sich wieder ins Rampenlicht zu schieben. Erfahre wundersame Geschichten. Und ich? Ist meine Seele jemals leicht genug um den Wind der meine Gedanken umweht, auch auf der Ha ut, zu spüren? Ich finde es immer recht amüsant, wenn jemand zu mir sagt: „Ulli, das nennt sich Midlife-Crisis.“ Mag sein. J