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17. ... in Nancy Teil 2

 

Offenbar hatte ich geschwänzt, als die Bescheidenheit im Umgang mit Bier gelehrt wurde.

Inzwischen ist es fast 9.00 Uhr und ich habe dämonische Huddeleien mit dem Nischel. Aua! Das charakteristische Frühstück in der Herberge ist so abwechslungsreich wie im letzten Jahr. Nur mit dem Unterschied das ich Mühe habe überhaupt zu frühstücken. Dafür gibt es Tante Klara und Wolken im trockenen Mix und vor dem Moselfenster schreit eine Amsel rum. Eine gute Alternative zu dem koffeinhaltigen Aufputschmittel (So nenne ich mal das Kaffeegetränk in der Jugendherberge und es schmeckt grausig!) ist . . . frische Luft. Ja, das hilft! Und meine kopfschmerzbelastete Pilgerseele braucht Herausforderungen, um gesund in den Tag wachsen zu können. Auf und davon geht’s!

 

Der Sauerstoff auf den ersten Kilometern regt auch wirklich mein Immunsystem an und die ersten Herausforderungen beginnen als die Teerdecke endet. Der Matsch wird abgrundtief und nicht nur der Mensch leidet. Ein alter Bahndamm führt über marode Schleusen in ein wahres Labyrinth aufgeweichter Wege, Tümpel, Kanäle und grünem Dschungel mit allerlei Getier. Im Gegensatz zum letzten Jahr bleibe ich auf dem richtigen Weg und kann das charmante Städtchen Pont-á-Mousson für eine ausgiebige Mittagspause nutzen. Arkadenhäuser im Renaissancestil bilden das Bühnenbild zu einer prächtigen Pizza. Ja, ich habe wieder Appetit.

 

Die Hauptaufgabe von Autobahnbrückenpfeilern in Frankreich ist, für wahre Graffitikunstwerke herzuhalten. Ich bemerke immer mehr davon. Also! In Frankreich immer schön unter die Brücken gucken! In einem Dorf mit dem schönen französischen Namen Pompey erwische ich einen Häuslebauer, der seinen Betonmischer ausspritzt. Ich stelle mein beflecktes Rad einfach daneben und bald sieht es gar nicht mehr so elend aus.

 

Während ich im Parc de la Pépinière so dasitze, merke ich endlich die Energie der Sonne. Im Schatten eines Baums kann ich hier gemütlich lesen und die anderen Parkbesucher an mich vorüberziehen lassen. Blumenbeete mit Ameise werden komponiert. Nancy ist wunderbar! Der Park befindet sich neben dem mit hellen, ockerfarbenen Steinen vergoldeten Place Stanislas. Hunderte Fotomotive hier und rundherum. Gar nicht weit entfernt bin ich im kleinen und sauberen Garni-Hotel New York untergekommen. Sehr nett (auch sehr hübsch) die Dame am Empfang. http://www.hotelnew-york.fr/ (38 € Ü/Fr) Obwohl sehr nah am historischen Zentrum gelegen, ist hier eine völlig andere Welt. Die Straße erinnert stark an die Karl-Marx-Straße in Berlin-Neukölln. Türkische und algerische Märkte, libanesische und pakistanische Garküchen. Alles bunt. Ich entscheide mich für das Marrakesch mit seinen knusprigen Teigtaschen. Während ich die verschiedenen Saucen dippe, glaube ich das System der Dealer zu durchschauen. Erst wechselt Geld den Besitzer, dann verschwindet der Geldempfänger, einige Zeit später wird ein Fenster geöffnet und dem Kunden wird ein bonbongroßes Etwas zugeworfen. Später möchte ich mir die beleuchtete Stadt anschauen und werde Zeuge einer Verhaftung. Es ist wirklich der beobachtete Dealer, der mit Handschellen geschmückt wird. Nebenbei, möchte ich noch anführen, das ich mit einer großen Flasche Joghurtdrink bis spät am Place Stanislas sitze und Leute begucke.  

 

Fazit: Nie wieder Bier!


Alle Tage findet ihr hier: https://www.ulliunterwegs.de/jakobsweg/


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Kommentare: 4
  • #1

    Anglika (Mittwoch, 22 Februar 2017 17:58)

    Immer sehr schön zu lesen.

  • #2

    Angelika (Donnerstag, 23 Februar 2017 16:49)

    Klasse Bilder Ulli.

  • #3

    Ulli Salzmann (Donnerstag, 23 Februar 2017)

    Danke liebe Angelika :-)

  • #4

    Barbara (Freitag, 24 Februar 2017 14:37)

    Danke für den schon geschriebenen Bericht und die tollen Bilder